„Ja, wie bin ich zur Wirtschaftsinformatik gekommen? Das ist eine sehr gute Frage. Das habe ich vergleichsweise spät – in der Schule oder eigentlich während des Zivildienstes – für mich herausgefunden: dass ich zum einen ein gewisses Interesse an wirtschaftswissenschaftlichen Fragestellungen hatte, und zum anderen war es damals eine Zeit, die im IT-Bereich durchaus spannend war.
Das Internet wurde gerade groß, das war kurz vor der Dotcom-Krise, und da stellte sich für mich die Frage: Wie kann ich eigentlich meine Interessen zusammenbringen?“
Ansonsten habe ich schon versucht, im Studium auch ein bisschen die Breite mitzunehmen und auch Dinge zu verfolgen, die vielleicht ein bisschen außerhalb des Lehrplans lagen.
Jetzt auch keine super abgefahrenen Dinge, aber dass man sich eben mal ein paar Sprachkurse mitnimmt – das fand ich schon auch sehr bereichernd.
Diese Freiheit zu haben, im Studium auch mal ein bisschen nach rechts und nach links schauen zu können und Themen aufzugreifen, die einen einfach interessiert haben, das war für mich sehr wertvoll.
Das Thema Internationalisierung war ebenfalls eines, das aus meiner Sicht klar erkennbar an Bedeutung gewinnen würde. Alles, was dann unter dem Stichwort Globalisierung kam, war für mich absolut absehbar. Und es hat sich ja dann genauso ergeben: Gerade im Tech-Bereich – aber auch in vielen anderen Feldern – bewegen wir uns heute ganz selbstverständlich in einer globalisierten Welt.“
Dabei stellt sich die Frage, welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, welche Fähigkeiten erforderlich sind und ob gegebenenfalls neue Prozesse etabliert werden müssen. Außerdem geht es um regulatorische Fragestellungen und darum, wie man überhaupt zu guten Ideen kommt, wie KI im Unternehmen sinnvoll eingesetzt werden kann. Auch die Frage, wie man den laufenden Betrieb solcher Systeme organisiert, ist zentral. Es ergeben sich also eine Vielzahl an Aspekten, die beachtet werden müssen.
Diese Vielfalt an Fragestellungen hat uns sehr stark interessiert – auch deshalb, weil sie gut an unsere bisherigen Themen anknüpft, mit denen wir uns ohnehin schon beschäftigt hatten. So haben wir vergleichsweise früh damit begonnen, uns intensiv mit den Managementaspekten von Künstlicher Intelligenz auseinanderzusetzen. In den ersten Jahren hat das allerdings noch wenig Aufmerksamkeit bekommen, da das Thema insgesamt noch nicht sehr präsent war. Ich denke, so richtig Schwung bekommen hat es dann mit dem Aufkommen der generativen KI.“
Und die Frage ist: Wenn man – ohne wirklich etwas Eigenes zu tun – schon auf eine 70- bis 80-Prozent-Lösung kommt, wie lerne ich dann überhaupt noch, selbst eine 100-Prozent-Lösung zu erzielen? Das ist unglaublich schwierig und aus meiner Sicht eine wesentliche Herausforderung – sowohl für die nächsten Jahre als auch für die nächsten Generationen.
Es stellt sich also die Frage, wie ich bestimmte Fertigkeiten überhaupt noch erlerne, wenn es eigentlich gar keinen richtigen Grund mehr gibt, sie aktiv zu üben. Ein einfaches Beispiel wäre wahrscheinlich der Taschenrechner – wo wir uns alle einig sind: Es ist eine gute Sache, so einen Taschenrechner zu haben. Man muss nicht mehr so viel im Kopf rechnen – mit dem Ergebnis allerdings, dass heute kaum noch jemand Kopfrechnen kann. Und dann ist eben die Frage: Ist das wirklich gut?“
Nils Urbach ist Professor für Wirtschaftsinformatik und Digital Business sowie Direktor des Research Lab for Digital Innovation & Transformation (ditlab) an der Frankfurt University of Applied Sciences. Zudem ist er Direktor am FIM Forschungsinstitut für Informationsmanagement und am Institutsteil Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT. Hier leitet er auch das Fraunhofer Blockchain Lab und das Fraunhofer GenAI Lab. In Forschung und Lehre befasst sich Nils Urbach schwerpunktmäßig mit Fragestellungen der Digitalisierung und des strategischen Managements digitaler Innovationen. Dabei liegt sein aktueller Forschungsfokus insbesondere auf den Themenfeldern der dezentralen Informationssysteme und der künstlichen Intelligenz.
Nils Urbach studierte Wirtschaftsinformatik an der Universität Paderborn und promovierte an der EBS Business School in Oestrich-Winkel. Internationale Erfahrung sammelte er im Rahmen seiner Forschungsaufenthalte an der University of Pittsburgh und der Université de Lausanne. Zudem war er mehrere Jahre als Unternehmensberater für Accenture in Kronberg im Taunus sowie für Horváth & Partners in Frankfurt am Main tätig. Vor seinem Wechsel an die Frankfurt UAS war er für einige Jahre Inhaber der Professur für Wirtschaftsinformatik und Strategisches IT-Management an der Universität Bayreuth. Seine Forschungsergebnisse wurden in internationalen Fachzeitschriften sowie in Tagungsbänden wissenschaftlicher Konferenzen veröffentlicht. Nils Urbach berät zahlreiche Unternehmen zu Fragestellungen der Digitalisierung und tritt regelmäßig als Redner in diesem Themenbereich auf.